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Sandsteine, Steinbrüche und Steinhauer

Details

 

Das Sulzfelder Steinhauerhaus

Das typische Sulzfelder Steinhauerhaus war in seiner Anordnung und Bauweise einmalig. Nirgendwo sonst wurde
so gebaut. Es war fast immer zwischen größere Nachbarhäuser eingezwängt und gab durch seine schmale,
erdgeschossartige Bauweise und dem 45° steilem Dach kein herausragendes Erscheinungsbild ab.
Daher wurde es wenig beachtet und mit dem fast gleichartigen Taglöhnerhäuschen von der rasanten
Entwicklung überrollt. Meist von den Nachbarn erworben, wurden sie abgerissen, eingeebnet und vergessen.
In der Steinhauerhochkonjunktur (1850 - 1950) gab es in Sulzfeld viele dieser einfachen, aber praktischen
Steinhaueranwesen. Ein abhängig beschäftigter Steinhauer oder Taglöhner konnte sich ein solches Haus nur
durch zurückhaltenden AIkoholgenuss und nicht aufmüpfiges Verhalten gegenüber den alles beherrschenden
Freiherren von Göler leisten. Das Sulzfelder Steinhauer- und Taglöhnerhaus war fast immer auf einem schmalen
Grundstück von ca. 9m Breite, mit dem Giebel zur Straße hin, erbaut. Neben dem Haus verlief die schmale, ca. 4m
breite Hofeinfahrt, welche mit Sandsteinabraum befestigt war. Steinhauer und Taglöhner, die es sich leisten konnten,
errichteten zur Straße hin ein Flügeltor, dessen beschränkte Größe durch die schmale Einfahrt vorgegeben war.
Da diese Steinhauer- und Taglöhnerhäuschen meist in den tiefer liegenden, innerörtlichen Lagen erbaut worden
waren, durfte deren Keller wegen des nachdrückenden Grundwassers und Schwabbellehmbodens nur 1,30 m tief
aufgehoben werden.

Aus diesem Grund wurde bei vielen dieser'Häuschen auf den Keller ganz verzichtet. Um eine Kellerdecke von wenigstens
1,90 m Höhe zu erreichen, mussten,die Kellerwände etwa zwei Fuß über dem Straßenniveau mit Sandsteinblockquadern
errichtet werden. Die Erdgeschossdecke wurde mit Balken, die im Abstand von ca. 60cm verliefen, gezimmert. Auf der
Innenseite der Balken wurde mit der Texel eine Fuge geschlagen, in die Schwartenbretter eingefügt wurden.
Die Zwischenräume waren zum Rieselschutz mit Zeitungspapier oder Karton ausgelegt und für die Isolierung mit Schlacke
aufgefüllt. Anschließend wurde der FußboGlen selbst mit ,Stumpfen", ca. 28mm stark gesägten Brettern verlegt.
Die tragenden Außenwände waren oberhalb des Kellers im einfachen Holzständersystem errichtet. Danach wurden die
Gefächer dazwischen mit Weidengeflecht verklemmt, mit einer Lehm-Stroh-Mischung verfüllt und beworfen. Abschließend
wurden diese Wände beiderseits mit einem Kalkputz verglättet.

Sämtliche Fenster und die Haustür wurden in kantige, unprofilerte Sandsteingewänder zwischen den etwa 90cm auseinander
stehenden Holzständern eingebaut. Vor den einfach verglasten Kreuzstockfenstern waren hölzerne in Eisenkloben eingehängte
Klappläden an den beiden senkrechten Seiten der Sandsteingewänder befestigt.
Den Wohnbereich betrat man bei unterkellerten Behausungen über außen versetzte Sandsteinblockstufen. Gleich hinter der einfachen, hölzernen Eingangstür, welche meist nicht abgeschlossen war, lag der mit Sandsteinplatten ausgelegte kleine Hausflur. Dieser erstreckte sich in einer Breite von ca. 1,20m bis hin z~? nur 5m entfernten Brandmauer. Bei Häuschen ohne Keller waren diese Platten meist feucht und oft rutschig, da sie direkt auf dem Erdboden verlegt waren. Gleich rechts im Haus ging man über eine 10cm hohe Türschwelle in die Wohnstube. Die daneben befindliche Küche wurde entweder von der Wohnstube aus oder dem Hausgang betreten. Kurz vor der hinteren Stirnwand dieser Diele, in unserer Mundart auch „Ern" genannt, führte eine einfache, hölzerne Wangentreppe zu den Dachkammern.
Die erste Kammer unter der Dachschräge, oberhalb der Küche, war meist das elterliche Schlafgemach. Selbiges wurde nur durch die in der Küche stehende Herdstelle schwach erwärmt.

Die zur Straße hin gelegenen Kinderzimmer waren meist nicht ausgebaut. Geschlafen wurde auf strohgefüllten Säcken und der Wind pfiff durch die schindelgesteckten Biberschwänze. Von dem „Ern" führte eine dreistufige, schmale Holztreppe hinter das Haus zu dem mit Laub eingestreuten Ziegenstall. Dieser sowie der sich anschließende Schweinestall waren mit einem Schlappdach abgedeckt. Auf dessen Zwischendecke wurde das gespaltene Brennholz fein säuberlich gestapelt. Am Ende der dicht gedrängten Bebauung befand sich ein Schuppen, der einseitig zum Hof hin offen und gänzlich aus Holz errichtet war. Hier war die private Steinhauerwerkstatt des Hausherren untergebracht. Darin meißelte er im Winter für einen geringen Nebenverdienst bei Schnee und Eis aus anfallenden Resten.  An diese Werkstatt füge sich noch der Hühnerstall an. Dahinter lag der dürftige Kraut oder Gemüsegarten, in welchem sich auch der Misthaufen befand. Letzterer war bei den Steinhauern mit SandsteinplaËen eingefasst. Bei den Taglöhnern war der Misthaufen nur mit Holzstickeln eingefasst. Der Garten aber war durch bengelartige Bohnenstecken abgetrennt. Das sich frei bewegende Federvieh, bestehend aus Hühnern, Gänsen und Enten, konnte dadurch keinen Schaden anrichten. Da Ende des Flurstücks war mit Äpfel-, Birnen- und Zwetschgenbäumen bepflanzt. Dessen Grundstücksecken wurden nach Brauchtum mit Fliederbüschen versetzt. Diese Steinhauer oder Taglöhner waren bis auf das Mehl, den Senf (ursprünglich Magenmedizin) und das Bier Selbstversorger.
Bei einem Gang durch Sulzfeld finden wir noch hier und da manche dieser Steinhauer- oder Taglöhnerhäuschen, die bisweilen liebevoll und fachkundig renoviert wurden. Der Grund für die ehemals große Anzahl dieser Häuschen ist auf die 800-jährige Herrschaft der Freiherren von Göler, die Sulzfeld über 800 Jahre unter dem Joch hielten, zurückzuführen. Nur Wenige fanden, meist durch Ab- oder Auswanderung aus dem Joch heraus. Die Mehrzahl blieb aber auf dem Stand der Steinhauer, Geißenbauern, Taglöhner und Gipsmüller.
Das einzige Sulzfelder Steinhauerhaus kann man noch in der Hauptstraße 79 (Bopp) am vorderen Teil im Originalzustand sehen.
Das Gebäude der Puppenstube (Hauptstraße 3) das Familie Riel entspricht sowohl in den Ausmaßen als auch der Dachform dem beschriebenen Steinhauer- und Taglöhnerhaus. Die Erhaltung dieses Sulzfelder Kleinods und dessen fachkundige Renovierung nach alten Vorlagen kann nicht hoch genug geschätzt und anerkannt werden. In diesem Zusammenhang darf erwähnt werden, dass Annetraud Riel aus der Sulzfelder Steinhauerdynastie Kern abstammt. Ihr Vater war der letzte aktive Sulzfelder Steinhauermeister. Auch ihr Bruder und ihr Cousin sind heute noch in der Sandsteinbearbeitung tätig.
Wünschenswert wäre, wenn weitere Sulzfelder Besitzer diese kulturelle Bausubstanz weiterhin erhalten und fördern,
um deren verdienter Würdigung gerecht zu werden.

 

RSS Icon Kommentare (2)

  • Gottfried Eigenmann, CH4106 THERWIL, Schweiz
    Auf der Suche nach Info zu Sulzfelder Steinbrüchen und Steinmetzen um das Jahr 1900 (+-) bin ich auf Ihren Artikel gestossen. Mein Vater, der in Sulzfeld aufwuchs, arbeitete zu dieser Zeit in einem dieser Steinbrüche und wanderte um 1900 - 1913 in die Schweiz aus. Es gibt dürftige Hinweise, dass er auch in Basel am Münster arbeitete. Gibt es weitere Hinweise, die das in mehr Detail beleuchten würden. Ich habe vor einigen Jahren eine Zusammenstellung der EIGENMANN Familien im Kraichgau verfasst. Eine kurze Antwort zu meiner Frage würde mich sehr freuen. Freundliche Grüsse - Godi Eigenmann, Therwil, Schweiz
  • Nikolai Wandruszka
    Meine beiden Urgroßväter hatten hiermit zu tun: Christian Pfefferle (1885-1932) war Steinbrecher, ere wohnte anfangs "bei Straub im 2. Stock neben dem Gasthof Engel in der Hauptstraße zur Miete. Sein anfänglicher Besitz (1891) bestand in einem Acker und einer Ziege. Am 7.4.1897 erwirbt er von Wilhelm Wolfmüller das Grundstück nr.340 (Hofraite im Ortsetter von 7 a 74 qm) und den 2. Stock des Wohnhauses nr.152 mit gewölbtem Keller unter dem Balkenkeller, samt Scheuer mit Stall sowie die zwei unteren Schweineställe in der Neuhöferstraße für 2800 Mark. Mit dem Kauf von zwei Äckern 1898 erfolgte die Erwerbung der ersten Kuh im selben Jahr. Am 9.1.1903 Verpflichtung zum Gemeinderat. Es folgten weitere Landerwerbungen und schließlich 1911 sein erstes Pferd. Im Februar 1920 konnte er schließlich den unteren Stock des Hauses in der Neuhöferstraße erwerben, wo seine Mutter dann lebte. Er hatte sich vom Steinbrecher zum besitzenden Landwirt hochgearbeitet. 6.6.1926 Teilnahme am 50jährigen Stiftungsfest des Militärvereins Sulzfeld". Der andere Urgroßvater Jakob Mehl (1857-1934), der "Brettemer Mehl" war Arbeiter am Tunnelbau (1870er Jahre), bevor er 11 Jahre als Kutscher und Hausdiener im Hotel Krone Post in Bretten arbeitete (Quelle:"Alt und lebenssatt" - Ahnenliste Mehl/Pfefferle (7.4.2019))

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