Sandsteine, Steinbrüche und Steinhauer
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- Kategorie: HISTORIC
- Erstellt am Dienstag, 24. Januar 2012 22:46
- Zuletzt aktualisiert am Freitag, 27. April 2012 23:48
- Geschrieben von J. Riedinger
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Vom Felsgestein zur Schießscharte
Als 600 n.Chr, die Alemannen von den Franken bis unterhalb der Murg aus dem Kraichgau vertrieben wurden,
kam die Zeit einer zögerlichen Erinnerung der Franken zu unserem Sandstein. Bei dieser fränkischen Einverleibung
begann um 800 n.Chr. der Ausbau und die Verwaltung unseres Gebiets durch den fränkischen Hof und den
nahestehenden Großbauern, so genannte Lehensherren. In diese Zeit fiel vermutlich auch der erste Bau für eine
Sulzfelder Tiefburg, die auf dem heutigen Gelände der Gutsverwaltung aufgebaut wurde. Diese Tiefburg brauchte
auch Schießscharten. Die benötigte Steinqualität konnte aus den herumliegenden Sandsteinfindlingen nicht hergestellt
werden. Diese wurden, nach römischer Art, aus den tieferen Lagen der Jägersitzfelswand herausgebrochen.
Einer dieser so genannten Kosakensteine sollte mitsamt der Familie Lapisarius seinen Schicksalsweg gehen.
Lassen wir diesen gravierenden Lebensabschnitt von Flavius selbst erzählen.
Schon seit einigen Tagen bemerkte ich, dass oberhalb von uns die verschiedenen Schichten abgetragen und
wegtransportiert wurden. Danach geschah wochenlang nichts und wir waren Wind und Wetter ungeschützt
ausgesetzt. Zuvor befanden wir uns immer wohl geborgen im Gestein. Eines Tages, in aller Herrgottsfrüh, trat
eine mürrische Gruppe näher und schlug uns von oben her Löcher mit einem speziellen Handbohrmeißel in unsere
harten Oberteile. Loch an Loch, als hätten sie nichts anderes zu tun. Dann wurde in den Löchern herumgestochert
und gleich danach passende Weidenstäbe hinein geschlagen. Von oben her wurden die Holzstäbe mit Wasser
benetzt, wobei auch Wasser an unserem Stein herunterlief.
Wie durch Zauberei lösten sich durch die aufgeschwollenen Holzstäbe stramme Quader aus dem ehemals festen Stein.
Jetzt wurde gehebelt und gestoßen, an Seilwinden gezogen. Es folgte ein Ruck, der durch Mark und Bein ging und
wir lagen der Länge nach auf dem Boden,
Aber wie sich schnell herausstellte, hatten wir es mit schlauen Burschen zu tun. Die wussten genau, wie man zur
Sache geht und schlugen in unserer Mitte ein weiteres Loch. In dieses wurde der so genannte Wolf mit seitlichen
Klemmeisen eingeschlagen. Der Wolf hatte oben einen Durchschlupf in dem ein Seilhaken eingehängt wurde.
Das erforderliche Seil wurde mit einem Flaschenzug am oberen
Ende eines Dreifußhebebocks, auch Geiß genannt, befestigt. Jetzt wurden wir mit Hauruck auf einen zweirädrigen
Handwagen mit einer langen Hebelarmdeichsel gelegt. Mit diesem Handwagen, der auch Eidechse genannt wurde,
konnte unser Block transportiert werden. Zunächst lag die Zwischenstation der einseitig geöffneten Steinhauerhütte
an, wo wir nochmals umgepackt wurden. Hier wurden wir abermals mit diesem Dreigestell, der Geiß, auf stabile,
hölzerne Arbeitsblöcke verfrachtet, um von den Steinstoßern nach allen Regeln der Kunst zerlegt zu werden.
Die eingeschlagenen, richtungsweisenden Stahlkeile taten das Ihrige, um zu begradigen und zu trennen. Was übrig
blieb, waren kleine Quader von etwa 30x30x60 cm Größe. Weg da! Weg da! Jetzt kommen die Steinhauer!
Es hämmern die Fäustel und klingen die Eisen, es schimpfen die Meister und scheppern die Meißel und Licht fällt
durch ein langes, konisches Loch.
Hört! Hört! Wir werden eine Schießscharte. Es wurde wieder Morgen und Abend unter der Fuchtel von Spitz-,
Schlag- und Scharriereisen. Außen wurden wir noch mit dem Steinhobel in eine feine Oberfläche gebracht.
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